18.10.2016
Trümmer (DE)
support:Nicolas Sturm (DE)
DJ:DJ Nice Boy! (DE)
VA: RH-Veranstaltung
Member Abendkassa: 13.00€Abendkassa: 16.00€
Trümmer
In diesen Tagen erscheint das zweite Album der Hamburger Gruppe Trümmer. Es heißt »Interzone« und man spürt mit jeder einzelnen Note, dass die Basis dieser wahnhaften Explosionsmusik in zahlreichen Hamburger und Berliner Nächten gelegt wurde.
Auf endlosen Reisen von einem Konzert zum anderen. Nach Festivalauftritten, After-Show-Partys und Preisverleihungen. Immer nachts, immer wach, anders kann man so was nicht machen. Hierzu muss man wissen, dass Trümmer in den knapp zwei Jahren seit ihrem Debütalbum nicht nur unzählige Konzerte gespielt haben. Sie wirkten außerdem an einer Produktion des Hamburger Thalia Theaters mit und schrieben die Punkrockoper »Vincent« für das Berliner Haus der Kulturen der Welt. Nicht zuletzt erhielten Maximilian Fenski (Schlagzeug), Tammo Kasper (Bass) und Sänger Paul Pötsch Auszeichnungen wie den Preis der deutschen Schallplattenkritik, eine Nominierung für den Kritiker-ECHO sowie glänzende Kritiken für ihr Debüt. Zu sagen, die letzten zwei Jahre im Leben der Gruppe Trümmer seien aufregend gewesen, wäre ein dramatisches Understatement.
Nun also »Interzone«, nicht weniger als ein Quantensprung für diese Band. Da ist zunächst die Sprache. Paul Pötsch textet auf intuitiver, emotionaler, direkter. »Viele dieser Texte waren einfach da, ohne dass man so richtig sagen konnte, wie sie entstanden sind«, sagt er. Hierzu passt, dass Trümmer ihr musikalisches Repertoire auf eine deutlich breitere Basis gestellt haben. Zwar immer noch eindeutig im Post Punk verhaftet, ist diese Musik von einer nach allen Seiten offenen, dauerflackernden Dringlichkeit getragen, die sich nicht zuletzt der Hinzunahme von Helge Hasselberg verdankt. Der »Interzone«-Produzent hatte bereits das Trümmer-Debüt betreut, inzwischen ist er als viertes Mitglied ein fester Teil der Band.
Trümmer sind also wieder da, und sie kommen genau im richtigen Moment. Der Tanz auf dem Vulkan da draußen ist eine Nummer heißer geworden – die Hamburger haben den Soundtrack dazu.
Nicolas Sturm
Es war Nicolas Sturm vor über einem Jahr bei der
Titelgebung seines zweiten Studioalbums Angst Angst Overkill sicher nicht bewusst, in was für eine Angst-besetzte Zeit er mit der Veröffentlichung seines Albums im Jahre 2016 hineingeraten würde.
Aber nun, it is what it is.
Angst Angst Overkill handelt vom stylischen Jammerlappen, dem ideelen Gesamt-Wimp, der zum einen so viel mit seiner Innerlichkeit beschäftigt ist, um andererseits so viel Zeit vor dem Spiegel zu verbringen, dass es auf der Straße so gar nicht nach Spiegel aussieht, sondern wie mal eben lässig hingeschlunzt. Jeder Kommentar bei Facebook sitzt. Jedes Hashtag am Puls der Zeit. Jedes Bild bei Snapchat spontaner als das Leben selbst.
Von Menschen, die heulen, wenn sie ihr doofes Ladekabel nicht finden, um in der Nacht nochmal postironisch in der Augmented Reality Pokemons zu jagen oder den nächsten Discogs-Kauf zu tätigen: Ja, richtig. Dieses Album handelt von uns.
Stilistisch hat sich der Lindenberg-Preis-Gewinner von 2012 (Panik-Preis, sic!) vom Blues-orientiertem, minimalen Garagen-Sound seines Debüts verabschiedet und seine Liebe für den britischen Sound der 80erJahre wiederentdeckt: Wave-Bässe, Twang-Gitarren und Synth-Flächen lassen einen an die goldenen Zeit von Creation-Records denken, natürlich an The Smiths, an The Cure oder an Pulp, um auch mal eine Band ohne „The“ davor zu denken.
Aber auch eine 50er-Jahre Vorstadt-Romantik liegt in diesen Lieder. Im Timbre seiner Stimme. So wie es einen Morrissey sicher auch nicht ohne den Schmalz eines Roy Orbison oder Buddy Hollys gegeben hätte. Sturm stellt im melancholischen Wohlklang mit seiner Band auf Angst Angst Overkill die zentralen Fragen: Wohin mit dem Hass und treffen wir uns heute Abend?! Und wie geht es weiter. So gesamtgesellschaftlich gesehen.
Dass Angst Angst Overkill auch keine Antwort auf die großen Fragen der Gegenwart kennt, versteht sich von selbst. Aber Sturm weiß auf Angst Angst Overkill das große Unbehagen in seiner Musik aufzuheben.
Und schafft somit etwas, was in diesen Zeiten wichtiger scheint als je zuvor: Ein zärtliches, ein solidarisches Gefühl von Gemeinschaft.
Auf dem Album für zu Hause und live in den Clubs.